Studie Leerstände Innenstadt

11.11.2020

Geschäftsleerstände in der Innenstadt erfolgreich bekämpfen

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IST-Zustand

In vielen Städten Deutschlands nimmt die Zahl der Leerstände in den Innenstädten seit Jahren massiv  zu. Dies gilt auch für Bad Hersfeld. Und ist alarmierend wie nicht hinnehmbar. Es droht, dass Fussgängerzonen veröden, Arbeitsplätze abgebaut werden,  Kaufkraft sich auf die „grüne Wiese“ verlagert, sodass auch die Gastronomie und die Cafes erhebliche Umsatzeinbussen verzeichnen müssen.  Es geht also  um die Vitalität und Attraktivität  der Innenstadt. Das Einkaufsmotiv stellt den mit Abstand wichtigsten Grund für den Besuch der Innenstadt dar. Auch die für Kommunen wichtige Gewerbesteuer verringert sich, was die Fähigkeit, wichtige städtische Projekte umzusetzen, vermindert.

Zur Zeit stehen 15 Geschäfte in der Fussgängerzone + in Stichstrassen Bad Hersfelds leer. Es droht die Schliessung von 2 weiteren, grossen Einzelhandelsgeschäften.

Natürlich hat die Corona Pandemie vieles dazu beigetragen. Nach Angaben des Handelsverbands Deutschland (HDE) berichteten bereits vor Corona zwei Drittel der Händler von sinkenden Frequenzen an ihren Standorten. Diese Situation hat sich heute noch dramatisch verschärft.

Es gibt auch seit Jahren  „hausgemachte Gründe“. Diese bleiben bestehen, auch wenn das Corona Virus erfolgreich bekämpft worden ist. Oder sie nehmen sogar noch zu.

Viele Einzelhändler haben die E-Commerce Entwicklung verschlafen bzw. zu wenig beachtet.

Viele Eigentümer der Häuser mit Geschäften denken fast nur an ihre Miete und Rendite. Daher sind in vielen Fällen die Mieten zu hoch. Wichtige Haus-und Geschäftssanierungen sowie Verschönerungen unterbleiben. Ein typisches Beispiel in Bad Hersfeld ist die weitgehende Hauseigentümerabstinenz beim n Blumenschmuckwettbewerb und den fehlenden Ausschmückungen mit Festspielrequisiten + -Plakaten etc.

Auch die Stadtverwaltung mit ihrem Wirtschaftsförderungs-und Marketingbereich haben sich bislang viel zu wenig mit den zunehmenden Leerständen beschäftigt. Zukunftsprojekte gibt es bislang weitgehend nicht. Notwendige Finanzen im städtischen Haushalt sind viel zu gering angesetzt – wenn überhaupt.

 

Zukunft

  1. Die Corona Pandemie kann auch als Chance für den Einzelhandel begriffen werden. Der durch Corona bedingte Zwang, sich zu verändern, kann tradierte Denk-und Handlungsmuster erheblich bzw. sogar grundlegend verändern.

  2. Der online-Handel wird weiter zunehmen. Das bedeutet, dass der Einzelhandel nur dann wettbewerbsfähig bleibt, wenn er offline und online verbindet und dementsprechend investiert und handelt.

     

Im Geschäft muss es gleiche Bedingungen wie im online-Handel geben. Also

  1. Die Händler müssen sich viel mehr als bislang nicht nur als Konkurrenten begreifen. Sie müssen sich mit anderen Händlern verbünden, um schnell das nachgefragte Produkt verfügbar zu haben. So, wie es viele Ketten seit vielen Jahren tun. Denkbar ist auch, Einkaufsverbünde zu gründen, auch, um günstigere Einkaufskonditionen zu erhalten. „Händler helfen Händlern“.

 

  1. Die Händler einer Stadt wie Bad Hersfeld können auch gemeinsam einen „Online-Marktplatz“ (Downtown) entwickeln. Die Stadt sollte dies aktiv unterstützen. Und der Stadtmarketingverein übernimmt die PR-Arbeit sowie die Verbesserung der Kontaktschiene zu Herstellern und sozialen Dienstleistenden. Das Angebot wird dadurch leistungsorientierter, flexibler, effizienter, umweltfreundlicher und kostensparender. Und schneller, siehe die Apotheken, bei denen man morgens das Rezept einreicht und nachmittags, spätestens 1 Tag später,  die Medikamente nach zu Hause geliefert bekommt.

     

  2. Wichtig ist, die Nachhaltigkeit der angebotenen Produkte zu stärken. Immer mehr potentielle Kunden verlangen neben der Digitalisierung auch die Nachhaltigkeit, z.B. was die Umweltfreundlichkeit und das „faire“ Angebot betrifft.

     

  3. Das Smartphone-Videochat hilft, dass Produkte über dieses moderne, zeitgemässe Instrument gezeigt und im Detail  erklärt werden. Es gibt Untersuchungen von Händlern, die diesen Vertriebsweg nutzen, die besagen, dass immerhin 6 von 10 solcher Angebote zu einem Verkauf führen.

     

  4. Das online-shopping wird weiter zunehmen. Das kann man bedauern und beklagen. Ändern wird sich nichts. Die Stadt ist hier gefordert, aktiv mit online-Händlern zu sprechen und sie dazu zu animieren, auch ein stationäres Geschäft zu betreiben. Dort können potentielle Kunden beraten werden. Dies schafft den sehr wichtigen persönlichen Kontakt, der weiterhin für viele ein Argument ist, online zu bestellen. Ausserdem ermöglicht das den „nur“ stationären Händlern, direkte Vergleiche anstellen zu können.

     

  5. Bundeswirtschaftsminister Peter Altmeier hat auf diesbezügliche Fragen geantwortet: „ Attraktive und belebte Innenstädte mit einer grossen Vielfalt im Einzelhandel sind ein wichtiges Stück Lebensqualität. Denn der Bummel durch Einkaufsstrassen mit anschliessendem Treffen mit Freunden im Cafe` oder Restaurant will sicher niemand missen.“ Weiter sagt er wörtlich: „ Wir müssen daher Konzepte zur Wiederbelebung der Innenstädte entwickeln und verhindern, dass es zu einem Sterben der Geschäfte in den Innenstädten kommt.“ Er sollte auch entsprechende Finanzmittel für den weiterhin geöffneten Einzelhandel bereitstellen. Er muss den coronabedingten Unternehmensschliessungen (z.B. Hotels, Gastronomie, Kulturveranstaltungen mit ca. 10 Mrd. €) gleichgestellt werden. Ansonsten ist real mit einem massiven Sterben von Einzelhandelsgeschäften zu rechnen.

     

  6. Offline und online, mit einer Verbindung von beiden in den Innenstädten, ist der erfolgreiche Weg in die Zukunft.

     

  7. Nicht mehr – trotz aller Anstrengungen – vermietbare Geschäfte in der Innenstadt sollten von dem Hauseigentümer zumindest in Wohnungen umgebaut werden und in der Überganszeit dafür sorgen, dass die Schaufenster ansprechend dekoriert werden.

     

  8. Packen wir`s an ! Auch als Stadt Bad Hersfeld. Zusammen mit dem Einzelhandel.

     

     

     

     

Konkrete Handlungsempfehlungen

  1. Attraktivität des Innerstädtischen Einzelhandelsangebots sicherstellen

  2. Branchen- und Geschäftsmix als zentraler Bestandteil von Einzelhandels- und Innenstadtkonzepten

  3. Öffentlichen und privaten Raum verbinden und aufwerten

  4. Innerstädtische Entwicklungskonzepte sind unabdingbar

  5. Bebauungspläne anpassen

  6. Umnutzung und Modernisierung erleichtern

  7. Städtebauliche Attraktivität der Innenstadt sicherstellen

  8. Multiple Nutzungen Vorsehen

  9. Anforderungen des Handels gerecht werden

  10. Zusammenarbeit mit lokalen Akteursgruppen fordern und fördern

  11. Einen (Innenstadt) „Kümmerer“ installieren

  12. City-und Stadtmarketing stärken

  13. Notwendige Ressourcen und Budgets bereitstellen

  14. Leerstände managen

  15. Aktives Schrumpfen, Umstrukturierung und Verdichten als Lösung bei  

     fortgeschrittenem Leerstand

  16. Privat-Öffentliche Kooperation für lebenswerte Bereiche (Quartiere   

     nutzen)

  17. Offline- und Online Erreichbarkeit sicherstellen

  18. Ladenöffnungszeiten vereinheitlichen

  19. Mit Service- und Einkaufserlebnissen punkten

  20. Ansiedlung großflächiger EH Betriebe strategisch planen

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Diese Studie bezieht sich auf vielfältige Untersuchungen, teilweise auch auf die Texte in der Google-Zeitschrift „Aufbruch“ mit dem Thema „Zukunft Handel“ Nr. 21/2020. Dort stehen auch die Zitate von Bundeswirtschaftsminister Peter Altmeier – S. 12 ff. Weitere Quelle: Ausschnitte aus einer Studie des BMWi und des Deutschen Städtetages